Ziel dieser Untersuchung war die Erzeugung einer qualitativ guten, hochauflösenden Datengrundlage im Einzugsgebiet des Rheins für hydrologische Untersuchungen. Das Untersuchungsgebiet erstreckt sich dabei vom Bodensee bis zur deutsch-niederländischen Grenze. Als Datengrundlage dienten Wasserstands- und Abflusszeitreihen an Pegeln am Rhein sowie an Nebenflüssen mit einer Auflösung von ΔT=1h und weitere Informationen zu den Pegeln (Abflusstafeln, -messungen, evtl. weitere Zeitreihen z.B. eta-Werte).
In gemeinsamer Abstimmung mit der Steuerungsgruppe wurden die zu berücksichtigenden Pegel festgelegt. Die zugrunde liegenden Daten wurden von den einzelnen Betreibern der Pegel zur Verfügung gestellt und einer Plausibilisierung und Homogenitätsprüfung unterzogen. Der Informationsfluss zu weiteren Metadaten verlief in sehr unterschiedlichem Detaillierungsgrad und enthielt nicht immer die erforderlichen Informationen. Teilweise erfolgten mehrere Datenlieferungen mit differierendem Inhalt. Es ist sehr wichtig, dass die einzelnen Betreiber sensibilisiert werden, wie wichtig eine konsistente und vollständige Datenhaltung ist.
Übersichtskarte der Pegel und Gewässer
In einem ersten Schritt wurden die mittleren Werte der Rheinpegel einer vergleichenden Überblickbilanz unterzogen. Dabei stellten sich bereits zwei Bereiche heraus, in denen die Bilanzreinheit mit den gelieferten Abflusszeitreihen offensichtlich nicht gegeben ist. Dies waren der Bereich Breisach/Kehl-Kronenhof und der Niederrhein. Die restlichen Rheinabschnitte erscheinen in den Überblickbilanzen plausibel.
Der Überprüfung und insbesondere der etwaigen Verbesserung und Korrektur der Abflusszeitreihen liegt das Prinzip zugrunde, nicht die Abflusszeitreihen selbst, sondern die grundle-genden Daten im Bedarfsfall anzupassen. Nur wenn die Grundlagendaten belastbar und praktisch fehlerfrei sind, kann eine ausführliche Bilanz bei gleichzeitig homogenen Daten erreicht werden. Etwaige Änderungen werden somit ggf. an den Wasserstandszeitreihen selbst, den Abflussmessungen und den Abflusstafeln vorgenommen. Dieser Ansatz erfordert die intensive Prüfung der Grundlagendaten.
Die Prüfung der Wasserstandszeitreihen beschränkte sich auf Plausibilität und Homogeni-tätsprüfungen und etwaige Anpassungen. Auch die einzelnen Abflussmessungen konnten hinsichtlich ihrer Plausibilität und Homogenität überprüft werden. Eine echte Kontrolle und Nachrechnung der einzelnen Messungen erfolgte nicht. Der wesentliche Fokus lag somit darauf, die Abflusstafeln zu überprüfen. An allen Hauptpegeln erfolgte ein detaillierter Abgleich zwischen den Abflussmessungen, den Abflusstafeln und den jeweiligen Gültigkeiten. Hauptpegel, bei denen die Abflüsse nicht über einfache Abflusstafeln aus Wasserständen ermittelt werden, wurden ebenfalls durch Vergleiche mit den Messungen (teilweise mittels unterschiedlichen Verfahren) untersucht. Hier stellten sich ebenfalls einige Pegel heraus, bei denen die Abflüsse noch verbessert werden können. Diese Pegel wurden dann, falls sich hier Bilanzprobleme ergaben, entsprechend bearbeitet. Bei einzelnen Pegeln war eine Anpassung jedoch nicht möglich, da die erforderlichen Basisdaten nicht zur Verfügung standen (fehlende Messungen, Abflüsse aus Kraftwerksdaten abgeleitet, ...).
Nach der Analyse der Grundlagendaten, insbesondere der Abflusstafeln, wurde für den gesamten untersuchten Rheinabschnitt eine Gesamtbilanz erstellt. Dabei wurde für jeden Abschnitt zwischen zwei Rheinpegeln für den gesamten Untersuchungszeitraum die Differenz der am unteren Pegel zu- und abfließenden Wassermengen gebildet. Da nicht das gesamte Zwischengebiet durch Pegel abgedeckt ist, wurde die Abflussmenge aus den vorhandenen Pegeln über hydrologische Faktoren ermittelt. In einem ersten Ansatz erfolgte die Festlegung der hydrologischen Faktoren entsprechend den Einzugsgebietsgrößen. Die hierauf basierende Gesamtbilanz zeigt, dass aus den Zwischengebieten in der Regel zu viel Wasser in das System fließt. In einem zweiten Schritt wurden optimierte hydrologische Faktoren ermittelt. Hierbei wurde neben der Einzugsgebietsgröße auch die räumliche Variabilität der Abflussspenden in die Ermittlung der hydrologischen Faktoren einbezogen. Die hierauf basierende Gesamtbilanz zeigte signifikante Verbesserungen, über weite Teile des Rheins wird eine weitestgehend ausgeglichene Bilanz erreicht. Lediglich im Bereich Breisach, Kehl-Kronenhof und am Niederrhein weist die Gesamtbilanz noch signifikante „Widersprüche" auf.
Summenlinie der mittleren Abflussdifferenzen für die Bilanz mit Originaldaten
Bei der Gesamtbilanz wurden mittlere Abflüsse bzw. Gesamtabflussmengen für den kompletten Untersuchungszeitraum betrachtet. Zeitlich begrenzte Abweichungen, die sich evtl. sogar gegenseitig ausgleichen, fallen bei dieser Betrachtung nicht auf. Im Zuge der anschließend durchgeführten Detailbilanz wurde die zeitliche Varianz der Bilanzen analysiert und Verbesserungen vorgenommen. Hierzu wurde zunächst der zeitliche Verlauf der Differenzenzeitreihe und der summierten Differenzen untersucht, einzelne Bilanzabschnitte zeigten signifikante Probleme. Sofern die Grundlagendaten eine datenbasierte Anpassung der Abflusszeitreihen ermöglichten, wurden diese z.B. mit neu erstellten Abflusstafeln neu berechnet. Anschließend wurde in einer erneuten Detailbilanz die Auswirkung überprüft und ggf. weitere Anpassungen im Rahmen eines iterativen Vorgehens vorgenommen. Teilweise konnten die Abflüsse jedoch nicht angepasst werden, da keine entsprechenden Grundlagendaten vorliegen (z.B. fehlende Angaben der Kraftwerksbetreiber, zu wenig Abflussmessungen,...). Vor allem für die Pegel Breisach und Kehl-Kronenhof konnten keine „guten" Abflusszeitreihen erstellt werden. Für alle anderen Bilanzbereiche ergibt sich nach Durchführung der Anpassungen eine weitestgehend ausgeglichene Bilanz, bei der die Abweichungen teilweise deutlich unter 1% liegen.
Um Aussagen treffen zu können, wie gut die Bilanzreinheit der einzelnen Bilanzabschnitte im hohen, mittleren bzw. niedrigen Abflussbereich ist, wurde für die einzelnen Bilanzabschnitte eine Spektrenbilanz ermittelt. Dabei wird die Analyse der Bilanzreinheit bezogen auf das jeweilige Abflussniveau durchgeführt.
Im Rahmen einer abschließenden, allgemeinen Abschätzung der Sensitivität der Einzelkomponenten auf die Bilanz wurde gezeigt, dass die in die Ermittlung der Abflüsse und somit die Bilanzen eingehenden Einzelkomponenten zum Teil erhebliche Unsicherheiten aufweisen. Zufällige Unsicherheiten, wie sie z.B. bei Abflussmessungen auftreten, können nur durch eine große Anzahl von Messungen ausgeglichen werden. Systematische „Fehler", welche in der Regel vernachlässigt werden, sind aufgrund von Hysterese, Verdunstung und Versickerung zu erwarten. Eine Erweiterung der Methode zur Abflussberechnung unter Berücksichtigung der Hystereseeinflüsse wurde aufgezeigt und exemplarisch durchgeführt. Die systematische Anwendung dieser Methode, lässt eine Verbesserung der Abflussbilanzen erwarten. Neben den „normalen" Auswertungen, bei welchen lediglich die Daten des jeweils betrachteten Pegels verwendet werden, erscheint auch die Entwicklung einer räumlich erweiterten Abflussberechnung unter Einbezug benachbarter Pegel sinnvoll. Hierzu bedarf es jedoch weiterer zielgerichteter Untersuchungen, einer Methodenentwicklung und deren Überprüfung / Anwendung.
Schematische Darstellung der Wasserstand-Abfluss-Beziehung beim Durchgang einer Hochwasserwelle und im Falle stationärer Fließverhältnisse
Mit Abschluss der Arbeiten liegen, mit Ausnahme von Breisach und Kehl-Kronenhof, für das untersuchte Rheingebiet hochaufgelöste Abflusszeitreihen vor. Unter Ansatz der hier erarbeiteten hydrologischen Faktoren führen diese zu weitestgehend ausgeglichenen Bilanzen. Im Bereich des Niederrheins und zu dem Pegel Lobith in den Niederlanden sind weitere Verbesserungen anzustreben. Ungeachtet dessen bleibt festzuhalten, dass infolge der sehr komplexen Zusammenhänge vollkommene widerspruchfreie Daten von Wasserstand über Abfluss bis zur Bilanz nicht erreicht werden kann, es verbleiben restliche Unschärfen.